ERFAHRUNGSBERICHTE
- Übersicht

HARTWIG WEBER
- Aktueller Bericht
- Frührer Bericht

MITARBEITERN
- Manuela Welzel
- Elmar Breuer
- Antony Crossley

STUDENTEN (BRD)
- Christine Tschochohei
- Bettina Ehrlich
- Maria Brenneis

STUDENTEN (KOL)
- Shirley Andrea Banoy G.
- Rosa Elena Arias
- Luisa Fernanda Builes

PRAKTIKANTEN (BRD)
- Ulrike Spieler
- Malte Ottenhausen

LINKS zu ähnlichen Themen
-
AKTUELLES

Patio 13-Nachrichten
Hier gibt es den Newsletter
Deutsch / Spanisch

Weitere Ereignisse
Ausstellungen, Termine, Seminare, etc.

Publikationen und Medien
Das blutende Herz

 
Hintergrundinformationen / Erfahrungsberichte / Schulze Feischen Kastner

View as PDF-File

Erfahrungsbericht Kolumbien 2005

Ein Bericht von Christoph Schulze (Aug - Nov 2005)
Elisabeth Feischen (Sep - Dez 2005) und
Katrin Kastner (Okt - Dez 2005)

(Fotos gibt es im PDF)

Die ersten Eindrücke von...

…Christoph (01. August – 24. November)

Am 1.August war es endlich soweit. Der Tag an dem ich zusammen mit Manuela Welzel und Elmar Breuer nach Copacabana, Kolumbien gehen sollte war da. Die beiden waren ja schon vorher mehrere Male dort gewesen, aber für mich würde das alles dort völliges Neuland sein. Von daher war es für mich doch sehr angenehm, die ersten beiden Wochen zusammen mit ihnen in ihrem Naturwissenschaftprojekt arbeiten zu können. Da mein Spanisch auch nicht das beste war - ich hatte zwar einen Intensivkurs in Deutschland besucht, aber das Reden in einer anderen Sprachen in einem anderen Land erfordert eigentlich mehr als das - ,war ich doch sehr froh die erste Zeit zusammen mit ihnen hier zu sein.

Also gut, nach etwas mehr als 18 Stunden war ich dann auf dem Flughafen von Rio Negro etwa 45 Autominuten entfernt von Copacabana gelandet. Zunächst ganz alleine, ohne Manuela und Elmar, da sie knapp 2 Stunden nach mir einen anderen Flug nach Medellin hatten, aber auch ohne Koffer, der aber zum Glück 2 lange Tage später doch noch seinen Weg nach Medellin gefunden hatte. Zu meinem großen Glück hatte ich im Flugzeug einen netten Kolumbianer kennen gelernt, der in Miami lebt und sehr gut Englisch sprach. Am Flughafen in Rio Negro selbst nämlich sprach kein einziger nur ein Wort Englisch. Mit seiner Hilfe konnte ich dann aber in der Zeit, in der ich auf Manuela und Elmar warten musste, alles Mögliche wegen des vermissten Koffers regeln, damit ich ihn dann doch bekommen würde. Als dann endlich die beiden auch angekommen waren, wurden wir von Viktor, dem „Mädchen“ für alles hier, abgeholt und nach Copacabana gefahren. Total übermüdet kam dann auch ich in meiner Gastfamilie an. Dabei handelte es sich um eine wunderbare und sehr nette Familie. Es waren die Eltern von Sandra Milena, einer Studentin der Escuela Normal Superior Maria Auxiliadora Copacabana, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in Heidelberg befand, die mich in Empfang nahmen. Die Tatsache in einer Familie zu leben, die eine Tochter hat, die 10 Tage später kommen sollte und dazu auch noch Deutsch sprechen konnte, war für mich dann auch sofort eine große Erleichterung, denn ich merkte schnell, dass ich eine Weile brauchen würde, bis ich alle hier verstehen sollte und mich mit ihnen unterhalten könnte. Aber dabei kamen mir Nora und Alvaro, meine Gasteltern auch schon in den ersten Tagen entgegen, was mir den Anfang doch erheblich vereinfachte.

In den darauf folgenden Tagen lernte ich dann die ganze Schule mit Schulleiterin Sor Sara und allen anderen Beschäftigten und Einrichtungen kennen und konnte zusammen mit Manuela und Elmar in ihrem Projekt auch bereits ein paar Studenten kennen lernen.

Die ersten Tage hier waren aber natürlich doch etwas schwer für mich. So viele neue Eindrücke, eine neue Sprache, neue Menschen, anderes Essen, weit weg von Familie, Freundin und Freunden, war doch alles etwas viel für mich, und ich wusste nicht genau wie ich das alles 4 Monate durchstehen sollte. Aber ich bemerkte dann doch, wie es Stück für Stück besser ging. Ich verlor langsam meine Hemmungen im Umgang mit der Sprache und lebte mich immer mehr ein.

Als dann schließlich 16 Tage später Manuela und Elmar wieder aufbrechen mussten, war mir klar, dass jetzt eigentlich erst die richtige Bewährungsprobe anstand, weil ich von nun an 3 Wochen ganz ohne deutsche Unterstützung hier sein sollte. Aber in den ersten beiden Wochen hatte ich schon so viel erlebt, dass es für gar nicht schwieriger wurde als vorher. Mit Händen und Füßen konnte ich mich mittlerweile super mit allen verständigen, und das Heimweh war auch so gut wie verflogen. In meiner vierten Woche in Kolumbien sollte ich dann ganz unverhofft die Möglichkeit bekommen, mit einer Theatergruppe eine Reise mit Bus nach Bogota und Popayan zu unternehmen, und da das Projekt mit den Straßenkindern im Patio 13 sowieso erst dann beginnen sollte, wenn Elisabeth aus Deutschland hier sein würden, nahm ich das Angebot an und erlebte eine tolle Woche mit vielen Stunden im Bus, aber ebenso viele Stunden in dem riesigen Bogota und wunderschönen Popayan.

Na ja, und dann war es eigentlich auch schon soweit, dass meine Zeit, in der ich alleine das Segel der Deutschen hochhalten sollte, vorbei war, weil am 1.September Elisabeth hierher nach Copacabana kam. In den ersten Tagen mit ihr, zeigte ich ihr ein wenig die Dinge, die ich schon kennen lernen durfte und schleppte sie auch gleich mit an die Universität EAFIT, denn dort absolvierten wir zusammen mit 5 anderen Extranjeros aus Deutschland, den USA, Kanada und Schottland einen Spanischkurs. Dort konnten sowohl Elisabeth, als auch ich nochmals unsere Spanischkenntnisse ein wenig verbessern und die Zeit an der Uni dazu nutzen, während einiger Konversationsstunden mit Studentinnen der Universität mehr über die Unterschiede zwischen unserer Kultur und der der Kolumbianer zu erfahren.
In dieser Zeit lief dann auch endlich unser Projekt im Patio an und Elisabeth und ich begannen, die Kinder dort kennen zu lernen.

…Elisabeth (01. September – 01. Dezember)

Am ersten September war es dann endlich soweit, die große Reise sollte losgehen. Christoph hatte schon eifrig von seinen ersten Eindrücken berichtet, und ich konnte es kaum noch erwarten, auch dort zu sein. Angst spielte auch eine kleine Rolle, die hatte ich aber mehr vor dem langen Flug, zwei Mal umsteigen und dann die Einreise ohne wirkliches Visa. Von der Familie oder Freunden war es mehr die Sorge, dass es sich um Kolumbien handelte. In den Nachrichten ist es das Land der Drogen und Korruption. Es gibt hier schon andere Verhaltensregeln als in Deutschland, aber Angst hatte ich keine. Am ersten September ging es dann morgens früh los – morgens um Drei war die Nacht rum, und ich machte mich mit einem Kribbeln im Bauch auf den Weg zum Flughafen. Der Flug war auch kein Problem, und ich hatte mir alles viel schlimmer vorgestellt. Mit einer Stunde Verspätung kam ich abends um sieben Uhr in Medellin an. Von weitem sah ich schon Christoph aus der Menge herausragen – wie gut, dass er so groß ist. Sehr erleichtert, dass ich jemanden kannte, machte ich mich auf die Suche nach meinem Koffer. Unbehagen spielte dabei schon eine Rolle, da ich von Christoph ja gehört hatte, dass er seinen anfangs vermisste – ehe ich mir aber noch richtig Gedanken machen konnte, kam er auch schon angerollt. So fuhr ich mit Christoph und Viktor nach Copacabana. Die nächste Überraschung wartete auf mich, als ich zur Familie kam. Ich sollte die nächsten drei Monate bei Katherine wohnen, sie war letztes Jahr mit drei anderen Kolumbianerinnen in Deutschland und ich kannte sie bereits. Dass sie Deutsch sprach, vereinfachten mir die nächsten Tage.

Das Essen mag ich hier eigentlich ganz gerne. Vor allem der Obstsalat im Exito oder eine Arepa con sal wurden zu meiner Leibspeise. Woran ich mich gewöhnen musste, war das es jeden Tag Reis gab – egal ob mit Nudeln oder mit Kartoffeln, Reis gehört natürlich trotzdem dazu. Was ich vermisse, ist Salat – den gibt es leider nur selten – und das Schwarzbrot. Das Essen ist hier immer ausreichend – es sind riesige Portionen. Wie Christoph es gemacht hat, dabei vier Kilo abzunehmen, weiß ich auch nicht, die hab ich nämlich zugenommen.

Mein erstes Wochenende war eher ruhig. Ich schaute mir die Umgebung an und genoss die Sonnenuntergänge, die innerhalb von einer Viertelstunde stattfanden. Am Sonntag ging ich mit Katherine und Diana – sie war ebenfalls in Deutschland gewesen- ins nahe gelegene Schwimmbad. Leider schätzte ich die Sonne total falsch ein und verbrachte die nächste Woche damit, mich täglich einzucremen. Und ich sah dabei zu, wie meine schöne Heidelberger Bräune sich langsam löste. Am Montag ging es richtig los. Ich hatte meine erste Reunión und lernte Sor Sara, die Rektorin der Escuela Normal, kennen, sie gab uns einen Plan, wann wir in den nächsten Wochen im Patio arbeiten sollten. In den ersten drei Wochen ging ich mit Christoph noch zu einem Spanischkurs. Er war an der EAFIT – einer Privatuniversität in Medellin. Dort lernten wir auch andere Deutsche kennen. Mit denen unternahmen wir auch abends mal etwas. Auch wenn es hier kein akademisches Viertel gibt, kam unsere Lehrerin fast immer zu spät, dafür hörte sie dann aber früher auf. Am Montag lernte ich auch die kolumbianischen Busse und die Metro kennen. Die Fahrten mit dem Bus waren schon sehr holperig, und ich war erstaunt, was alles an Abgasen aus einem Bus kommen kann. Die Metro ist der totale Gegensatz dazu. Die Haltestellen sind sauber, und überall stehen Leute, die darauf achten, dass es auch so bleibt. Da könnte sich die Deutsche Bahn ruhig eine Scheibe abschneiden. Am Mittwoch war es dann endlich soweit, und wir besuchten, das erste Mal den Patio. In den ersten vier Wochen war auch meist Malte dabei, ein Medizinstudent aus München, der auch mit den Straßenkindern arbeitete. Die anfangs erwähnte Angst mit meinem Pass bestätigte sich nicht. Alles schien kein Problem zu sein. Im Flugzeug von Bogotá nach Medellin bemerkte ich dann jedoch das Missgeschick. Statt eines Stempels von 90 Tagen besaß ich nur einen von 30 Tagen. Ich hatte in Bogotá nicht noch einmal in meinen Pass geschaut, da ich spät dran war und Angst hatte, meinen Flug zu verpassen, ich ahnte da noch nicht, dass ich eine weitere Stunde warten musste. So ging es dann einige Zeit später zu einem Büro in Medellin, dass ich in der nächsten Zeit noch des öfteren besuchen sollte.

Das erste Mal war ich mit Viktor da, und dort sagte man mir bereits am Eingang, dass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur Ende des Monats möglich sei. Bei meinem zweiten Besuch, diesmal war eine Schwester dabei, und alles ging viel einfacher, trotzdem war noch nicht alles in Ordnung, da ich diverse Kopien, Fotos und Geld brauchte. Nun musste ich mich sputen, da der Monat ja zu Ende war und meine Aufenthaltserlaubnis auslief. Dank Sor Maria Nela war dies alles dann, aber kein Problem und ich bekam Tags darauf einen Stempel für weiter 30 Tage. Mit schwarzem Gesicht und erneuertem Pass konnte ich also meine ersten vier Wochen in Kolumbien zu Ende bringen. Das schwarze Gesicht ergab sich durch meine Hände. Es wurden nämlich meine Fingerabdrücke genommen – ich kam mir dabei schon ein wenig kriminell vor – und die schwarze Farbe verteilte ich por supuesto in meinem Gesicht. Aber nicht nur dabei kam man sich kriminell vor, auch die Passfotos sind hier ganz andere. Frontal von vorne und kein liebes Lächeln wie in meinem Personalausweis. Nach drei Wochen – unser Spanischkurs war zu Ende – kamen Christophs Eltern und seine Schwester für eine Woche zu Besuch. Wir schauten uns in dieser Zeit viele verschiedene Sachen an, da wir sonst von der Umgebung ja noch nicht soviel gesehen hatten. Diese Woche verging sehr schnell. Mein erster Monat war plötzlich um, und Katrins Ankunft rückte näher.

…Katrin (07. Oktober – 09. Dezember)

Im Sommer begleiteten mich zwei Monate lang Emails von Christoph und Elisa mit Erzählungen aus einem mir noch fremden Land. Meine Vorfreude stieg und nachdem ich unzählige Male auf die Frage, warum es denn unbedingt ein Land wie Kolumbien sein musste, eine einigermaßen akzeptable Antwort gefunden hatte, durfte auch ich im Oktober endlich meinen Koffer packen und ins Flugzeug steigen. Den Flug an sich empfand ich eher als ermüdend und langweilig und zudem als eine Reise ins Ungewisse. Doch ich vergaß ihn schnell, als ich nach über 20 Stunden Reisedauer am Flughafen von Medellin von Christoph, Elisa und meiner Gastfamilie in Empfang genommen wurde. Auch mein Koffer hatte den Weg hierher gefunden, wenn auch nur knapp, da ich in Bogota zunächst vergessen hatte, ihn wieder einzuchecken. In Viktors Auto ging es gemeinsam durch das nächtliche Medellin nach Copacabana, während ich von Christoph und Elisa die Wochenendplanung erläutert bekam. In Copacabana angekommen, bin ich in das Zimmer meiner Gastschwester eingezogen und habe es mir so gut es ging ein wenig heimisch gemacht. In meiner Gastfamilie habe ich mich von Anfang an sehr wohl gefühlt. Auch mit der Verständigung klappte es sofort, auch wenn diese ausschließlich auf Spanisch erfolgte, was mir aber nur zu Gute kam.

Aufgrund der Zeitumstellung, mit der ich noch zu kämpfen hatte, war ich nach nur wenigen Stunden Schlaf in meiner ersten Nacht in Kolumbien morgens um sieben munter und bin aufgestanden. Da ahnte ich noch nicht, dass ich ausgerechnet hier alle Vorteile des langen Ausschlafens wiederentdecken würde. Mein erstes Frühstück mit Arepa, Ei und Quesito.

Sito führte zu der stillen Entscheidung, dass ich dies ganz bestimmt nicht jeden Morgen essen werde. Mittlerweile bin ich einen Monat hier und bekomme zweimal am Tag Arepa, was nichts anderes bedeutet, als dass ich mich wohl irgendwie damit arrangiert habe.

Im Gegensatz zu Christoph und Elisa versetzten mich an diesem, meinem ersten, Tag Kleinigkeiten wie die rasante Camioneta- Fahrt, die Überdimensionalität des Exito, die Häuserschluchten an den Hängen Medellins sowie der Lärm und die Menschenmassen auf dem Weg zum Patio durchaus ins Staunen, mittlerweile ist dies Gewohnheit und wird nicht mehr weiter beachtet. Im Patio 13 konnte ich mir bereits ein vages Bild davon machen, wie meine Arbeit dort wohl aussehen könnte. Schön war es, bereits die ersten Kontakte zu den Kindern und Jugendlichen knüpfen zu können, die auch gleich neugierig auf mich zukamen.

Auch Crístian lernte ich bereits an diesem ersten Tag kennen, wonach ich eine wirkliche Chance sah mit seiner Hilfe mein Physikprojekt im Patio umsetzen zu können. Das nahm mir schon mal einen Teil meiner Ungewissheit. Mein erster Abend endete damit, dass ich auf einer Ranch, noch bevor ich meine ersten Reitversuche starten konnte, von einem Pferd getreten wurde, was mir einen Pferdehuf-großen blauen Fleck bescherte, der mich in meinen ersten beiden Wochen in Kolumbien begleitete. So hatte ich bei meinem ersten Besuch im Internetcafe, welches praktischerweise bei mir um die Ecke liegt, einiges zu berichten, und die ersten Emails trafen kurz darauf in der Heimat ein.

Unsere Arbeit im Projekt Patio 13 – Bildung für Straßenkinder

„Qué?“ … „Otra vez, por favor!“ … fragende Blicke und ein verschmitztes Lächeln auf unseren Gesichtern. So in etwa verliefen die ersten Kommunikationsversuche von uns allen mit den Kindern und Jugendlichen im Patio. Hatte es zuvor doch so gut mit der Verständigung in unseren Familien und im Alltag Copacabanas geklappt, wurden wir im Patio vor eine neue Herausforderung gestellt. Obwohl wir die Kinder und Jugendlichen in einer Institution, die Schutz und Zuflucht bieten soll, erlebten, blieb die Tatsache präsent, dass es sich dabei um Kinder und Jugendliche handelt, die größtenteils anstatt in einer Familie auf der Straße aufwachsen. Und das Straßenleben hinterlässt seine Spuren. Die Narben auf den Körpern, die zerrissene und dreckige Kleidung, der Umgang untereinander und besonders der unverständliche Straßen-Slang. Doch Berührungsängste von unserer Seite gab es dennoch nicht. Die Kinder und Jugendlichen halfen uns mit ihrer Neugier und ihrer Herzlichkeit, sie selbst und den Patio besser kennen lernen zu können. Und nicht zuletzt gab uns dies die nötige Motivation, mit Elan in unsere Projekte einzusteigen.

Sport im Patio:

Das Projekt richtig in Gang zu bringen, gestaltete sich zunächst schwieriger als erwartet. Die Organisationsstruktur im Patio erlaubte es uns nicht, wie gewünscht mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten zu können. Dies zwang uns dazu, umzuplanen. Mit neuen Ideen und einer anderen Einstellung gelang es uns, einige Kinder und Jugendliche mit und für den Sport zu begeistern. Mittlerweile haben wir uns damit abgefunden, nicht alle Kinder und Jugendliche einbeziehen zu können, aber umso erfreulicher ist daher die Arbeit mit denen, die motiviert und offen uns und dem Projekt gegenüber sind.

Eine bedeutende Erfahrung, die wir beim gemeinsamen Fußball, Basketball, Volleyball, Frisbee oder Indiaka spielen, sammeln konnten, war zunächst, dass die Kinder und Jugendlichen einen großen Bewegungsdrang besitzen. Beeindruckend war außerdem, über welche motorischen Fähigkeiten und großes Talent die Kinder und Jugendlichen verfügen. Dies äußerte sich darin, dass sie keine Probleme hatten, für sie unbekannte Sportarten, zu erlernen. Eine weitere Beobachtung war, dass der Umgang zwischen Kindern bzw. Jugendlichen untereinander unterschiedlich war. Während die Älteren bestehende Regeln akzeptierten, zeigten die Jüngeren ein egoistischeres Spielverhalten. Bei allen Kindern und Jugendlichen wurde jedoch gleichermaßen die Freude am Spiel sichtbar. Sie wirkten dabei auf uns nicht wie Kinder und Jugendliche, die ihren Lebensalltag auf der Straße gestalten müssen, sondern frei und ungezwungen.

Physik im Patio:

Auch mir wurde bereits in meinen ersten Tagen in Kolumbien bewusst, dass die Umsetzung meines Projektes nicht in der Art und Weise stattfinden kann, wie ich es lange im Voraus in Heidelberg geplant hatte. Doch dank Crístian hatte ich letztendlich meinen festen Nachmittag im Patio, wo ich mit den Kindern und Jugendlichen auf dem Gebiet der Optik, hauptsächlich mit dem Thema „Licht und Farben“, arbeiten konnte. Bepackt mit Spektralbrillen, Teelichtern, farbigen Folien, Kreiseln und einer Camera obscura ging ich in den Patio und habe die Kinder und Jugendlichen jeweils eine Stunde lang experimentieren, staunen und beobachten lassen. Dabei zeigten sie eine unglaubliche Begeisterung und viel Elan, was mich wiederum motivierte, mein Projekt weiterzuführen. Bis jetzt haben die Kinder und Jugendlichen die Spektralfarben kennen gelernt, einige Versuche zu den „Negativen Nachbildern“ durchgeführt, durch eine Camera obscura geschaut und eigene Benham – Scheiben gebastelt.

Pilotprojekt: Patio - Kinder besuchen die Escuela Normal

Die Donnerstagvormittage verbrachten wir im Patio, um dem Naturwissenschaftskurs von Crístian, Catalina und anderen Studentinnen und Studenten der Escuela Normal zu folgen. So durften wir miterleben, wie sich jeden Donnerstag etwa um die Mittagszeit Erwartung und Aufregung im Patio breit machten angesichts des bevorstehenden Ausflugs an die Escuela Normal. Für die Kinder und Jugendlichen war dies immer ein besonderes Ereignis. Einige beendeten ihr Mittagessen schneller als gewöhnlich, andere liehen sich noch schnell ein sauberes T-Shirt oder besorgten sich Schuhe. Nicht immer pünktlich parkte dann ein Bus vor dem Patio und etwa 15 Straßenkinder durften mit uns und den anderen Studentinnen und Studenten der Escuela Normal nach Copacabana fahren. Dort angekommen, erwartete uns in der Regel bereits eine Schülergruppe der Escuela Normal, und nach einem Einstieg mit einem Sportspiel oder einem Lied konnte der gemeinsame Unterricht stattfinden. Wir drei waren an diesen Nachmittagen für die Sportspiele zuständig. So konnte man uns gleichermaßen mit Kindern aus dem Patio und Kindern der Escuela Normal beim gemeinsamen Fußball, Volleyball und Basketball spielen beobachten. Der Versuch, den Kindern ein deutsches Sportspiel bei zu bringen, scheiterte leider. Also blieben wir bei den bekannten Sportarten, die von Jungen und Mädchen gleichermaßen begeistert aufgenommen wurden. Einen Donnerstagnachmittag lang erlebten wir die Kinder und Jugendlichen des Patio und die Schüler der Escuela Normal beim gemeinsamen Spiel. Es war sehr interessant, das unterschiedliche Spielverhalten der Kinder zu beobachten.

An einem Donnerstagnachmittag, bereits in der Endphase des Projektes, machten sich die Schüler der Escuela Normal auf den Weg zu den Straßenkindern nach Medellin. Ziel war jedoch nicht der Patio, sondern ein Park im Stadtzentrum. An diesem Nachmittag fand unserer Ansicht nach jedoch kein gemeinsames Programm statt. Die Schüler der Escuela Normal vergnügten sich zumeist mit Wasserspielen im Park, während wir mit den Kindern und den Jugendlichen des Patio zuerst das Ferrocarril und schließlich die neue Bibliothek besichtigten. Angesichts der Größe, Modernität und Anzahl der verfügbaren Internetplätze versetzte die Bibliothek uns Deutsche schon sehr ins Staunen.

Da wir insgesamt nur wenige Donnerstagnachmittage miterleben konnten, fällt es uns schwer, Idee und Umsetzung des Projektes objektiv beurteilen zu können. Sicher ist, dass alle Beteiligten, also Kinder und Studenten gleichermaßen, motiviert und mit Spaß bei der Sache waren. Und dies bietet sicherlich einen Ansatzpunkt für die Weiterführung des Projektes im nächsten Jahr. Aufschlussreich und produktiv sind sicherlich auch die Treffen der Projektgruppe am Donnerstagabend mit dem Ziel, das gerade abgeschlossene Nachmittagsprogramm an der Escuela Normal zu reflektieren. Auch wir waren bei diesen Treffen immer anwesend, nur fiel es uns schwer, den Gedankengängen der Studenten und Studentinnen immer folgen zu können, da hierfür unsere Sprachkenntnisse leider nicht ausreichen.

Mit Sicherheit können wir sagen, dass die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen des Patio und der Escuela Normal an den Donnerstagnachmittagen unseren Aufenthalt hier noch mal um eine Erfahrung mehr bereichert hat.

Unterwegs in Naranjal

Mit der Ankunft von Herrn Weber Ende Oktober hier in Kolumbien wurde unsere Arbeit mit den Straßenkindern im Patio und an der Escuela Normal noch um einen weiteren Erfahrungsbereich erweitert. In der Woche, die Christoph in Deutschland verbrachte, bekamen Elisabeth und Katrin die Möglichkeit, begleitet von Herrn Weber und Viktor, die Viertel Barrio Triste und Naranjal in Medellin kennen zu lernen. Diese zum Teil verarmten und heruntergekommenen Viertel sind Heimat von vielen Straßenbewohnern, mit denen Herr Weber in Kontakt steht. Nach einem Rundgang, den Kopf bereits voller Eindrücke, Erschrecken und Erstaunen gleichermaßen, kamen nun auch wir mit einigen von ihnen ins Gespräch und hörten ihre Lebensgeschichten, meist gekennzeichnet von Verlust und Perspektivlosigkeit und mit Schwerpunkt auf ihrer Drogenkarriere. Hier trafen wir nun auch Marcela, die wir bereits von vielen Fotos, Erzählungen und Filmen her kennen, so dass die Begegnung zu etwas Besonderem wurde. Eine Woche später, nun auch mit Christoph, konnten wir Herrn Weber und sein Kamerateam begleiten. Ein weiterer Film mit Marcela ist in Planung. Wir drei konnten die Dreharbeiten leider nur kurz verfolgen und hoffen somit, dass sich in der uns noch verbleibenden Zeit hier eine zweite Gelegenheit finden wird. Für uns alle ist diese unmittelbare Begegnung mit dem Leben auf der Straße sehr interessant und unterscheidet sich noch mal sehr von unserer Arbeit im geschützten Patio, wo Drogen und Waffen nicht präsent sind.

Ein Wochenende zu Dritt

„Si, claro“ oder wie wir eines besseren belehrt wurden „si, por supuesto“
läuteten wir das Wochenende meistens mit einem Abend im Zacarias ein. Anfangs noch zu Dritt, sitzen und lachen wir heute in einer immer größeren Runde zusammen mit alten und neuen Gesichtern. Dort werden Redewendungen ausgetauscht und über deutsche und kolumbianische Lebensgewohnheiten philosophiert.

Samstags wurde dann erst einmal ausgeschlafen, bevor wir uns am frühen Nachmittag nach einem Besuch im Internetcafe auf den Weg in den Exito machten, um dort, wie der Name schon sagt einen erfolgreichen Tag zu verbringen. Bepackt mit Wasser, Kinder-Schokolade und neuen kolumbianischen T-Shirts ging es mit einem Bauch voll legendärem Obstsalat zurück nach Copacabana. Am Abend stand zunächst wieder das Zacarias auf dem Programm, diesmal jedoch auch mit der Option von dort aus auch Kinos oder Diskotheken anzusteuern. Sonntags stand uns meist ein gemütlicher Tag bevor, so dass wir erholt in die neue Woche starten konnten.

Urlaub in Bogotá

Unsere gemeinsame Reise in Kolumbien führte uns für vier Tage in die Hauptstadt Bogota. Für uns alle war es eine schöne Zeit, in der wir Stadt und Umgebung erkundeten. Bogota ist mit seinen mehr als acht Millionen Einwohnern eine riesige Stadt, wie uns vom Montsserate aus eindrucksvoll vor Augen geführt wurde. Der Aussichtspunkt bildete den Auftakt unserer Stadtrundfahrt in einem der vielen gelben Taxis, es folgten vier verschiedene Museen, darunter natürlich das bekannte Museo del oro, bis wir schließlich sichtlich erschöpft bei einem Italiener einkehrten und uns leckere Pizza und Pasta gönnten. Gewohnt haben wir in den vier Tagen in einer mehr oder weniger komfortablen Jugendherberge um die Ecke des Präsidentenpalastes, was irgendwie ein Gefühl von Sicherheit vermittelte. Mal abgesehen von den vielen Tauben, die sich ebenfalls in diesem Viertel tummelten. Aber das gilt nur für Elisabeth. Die Abende haben wir auch meist in der Jugendherberge verbracht, nicht ohne aber vorher dem Internetcafe einen Besuch abgestattet zu haben. Weitere Ausflüge führten uns Drei zur Iglesia de Sal und nach Guatavita in der Nähe von Bogota, einem hübschen Dorf an einem See gelegen mit anschließendem Besuch einer Lagune. Die Zeit verging schnell, und mit vielen neuen Eindrücken und jeder Menge geschossener Fotos ging es schon bald wieder zurück nach Medellin.

Und nächstes Jahr sehen wir uns dann in Heidelberg….

Mit Crístian, Angela, María Adelaida, Carolina und Catalina gibt es auch momentan wieder fünf Studentinnen und Studenten, die gerne ein Jahr an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg verbringen möchten. Die deutsche Sprache zu beherrschen, ist für dieses Vorhaben natürlich unumgänglich. Und so entstand die Idee gemeinsam einen Nachmittag in der Woche zu verbringen, um ihre Deutschkenntnisse und gleichermaßen unsere Spanischkenntnisse zu vertiefen, gleichsam ein Tandemunterricht. Natürlich sollte dies immer in einem schönen Rahmen geschehen. Und dazu gehörten ein Freitagnachmittag im Kiosko bei Coca Cola und Malta, ein Besuch im Museum der Modernen Kunst in Medellin und eine Wanderung aufs Kreuz, immer begleitet von einem Gespräch im deutsch-spanischen Kauderwelsch und dem Austausch von deutschen und kolumbianischen Gewohnheiten, was nicht selten zu Lachanfällen führte. Durch die gemeinsame Arbeit im Patio und nicht zuletzt durch diese Freitagnachmittage hat sich der Kontakt zu diesen Studentinnen und Studenten intensiviert, und so stehen wir momentan gerne mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um das Schreiben der Bewerbungen für ihre Stipendien geht, denn auch wir würden uns freuen, sie im nächsten Jahr in Heidelberg begrüßen zu können. Für den letzten gemeinsamen Freitag vor Christophs Abreise hatten wir Drei beschlossen, zusammen mit der Gruppe deutsch zu kochen, sozusagen als kleine Einstimmung auf ihren bevorstehenden Deutschlandaufenthalt. Einen Tag zuvor hatten wir den Carrefour in Medellin, bepackt mit Tomaten, Mozzarella, allerlei Gewürzen, Putenfleisch und Vanilleeis, verlassen. Nur die Spätzle mussten zuvor von Christoph aus Deutschland importiert werden. Es wurde für uns alle ein netter Abend, auch wenn wir erst mit einiger Verspätung mit dem Kochen beginnen konnten, da es den Tag über kein Wasser gab. Die Zeit davor verbrachten wir damit, deutsche Musik zu hören und Fotos von Heidelberg anzuschauen. Ein gemeinsamer Besuch im Zacarias bildete den Abschluss dieses Abends. Wir hoffen, dass der Kontakt auch weiterhin bestehen bleibt, auch wenn wir Drei bald wieder in Deutschland sein werden. Das Forum der Homepage wird dafür sicherlich hilfreich sein.