DAS PROJEKT PATIO 13
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Das Projekt Patio 13 / Das Projekt in der Presse / 2004

 

Das Projekt in der Presse

Übersicht

2004

- Mannheimer Morgen, 9. Oktober 2004: "Straßenkinder bekommen im Patio eine Chance"

- Rhein-Neckar-Zeitung, 8. Oktober 2004: "Eine Brücke zwischen Schule und Straße. „Patio 13“: Bildungsprojekt von PH und Heidel-Druck gibt Straßenkinder in Kolumbien eine Chance"

- Deutschland, Nr. 3/2004, S. 34f.: „Aprender a vivir - Patio 13: un proyecto germano-colombiano da una oportunidad a inos de la calle."

- National Association for Research in Science Teaching, 2004: "Colombian teacher studentens develope teaching sequences in physics for street children - an internation porject"

- Die Rheinpfalz , 4. März 2004: „Fremde Welt: Morgentoilette an der Kloake“

- Wochenblatt Landau , 25. Februar 2004: „Aus anderer Perspektive“

- Hamburger Morgenpost , 17. Februar 2004: „Wenigstens ein Mal in Pose werfen können“

- Taz Nord Hamburg , 16. Februar 2004:„Überleben ist alles“

- Glaube und Leben, Bistum Mainz , 15. Februar 2004: „Sieh die Narbe, hör die Geschichte“

- RZ Koblenz , 12. Februar 2004: "Narben auf der Kinderhaut"

 

Mannheimer Morgen, 9. Oktober 2004: "Straßenkinder bekommen im Patio eine Chance"

Bundesweit einmaliges Modellprojekt der PH Heidelberg holt die Schule in die Slums der kolumbianischen Millionenstadt Medellín

von Simone Jakob

Heidelberg. „Früher trafen sich die Kinder im Patio, wuschen sich und schliefen ihren Rausch aus", erzählt der Heidelberger Pädagoge Professor Hartwig Weber, der das bislang einmalige Projekt „Patio 13 - Schule für Straßenkinder" in Kolumbien betreut. Drei Jahre nach Start des Forschungsvorhabens von Pädagogischer Hochschule und Heidelberger Druckmaschinen hat sich das Patio „Don Bosco" in der Millionenstadt Medellin in eine besondere Schule verwandelt. „Die Straßenkinder kommen, um zu lernen, zu arbeiten und sich mit der Zukunft und ihren Träumen zu beschäftigen", berichtet Weber mit glänzenden Augen. Gerade erst aus Kolumbien zurückgekehrt kann der Pädagoge selbst nicht so richtig glauben, was Patio 13 in der kurzen Zeit alles verändert hat.

„Bis heute hat sich niemand in Südamerika die Frage gestellt, wie sich Schule und Lehrer dem Phänomen Straßenkinder gegenüber verhalten sollen", so Weber. Hier setzt Patio 13 an, das verlassenen und verwaisten Kindern durch Bildung die Chance auf ein besseres Leben geben will. Statt den Kolumbianern deutsche Ideen überzustülpen, haben Weber und seine südamerikanische Kollegin Sor Sara Sierra Jaramillo den Straßenkindern eine Einwegkamera in die Hand gedrückt, die ihnen half, vom unbeschreiblichen Alltag auf der Straße zu erzählen. Gewalt, Drogen, Prostitution sind in den Bildern genauso präsent wie Wünsche und Hoffnungen. Die in der Fotowerkstatt entstandenen Arbeiten waren im Januar 2003 bei einer Ausstellung in der Print Media Academy zu sehen. Danach zog die Präsentation durch die Bundesrepublik und wird jetzt in Kolumbien vorgestellt. Doch das Foto-Projekt war nur der Anfang der Hilfe zur Selbsthilfe. So reisten Studenten der PH Heidelberg nach Medellin und halfen, Brücken zwischen Lehrern und Straßenkindern zu schlagen: „Die Kinder kommen nicht pünktlich und auch nicht regelmäßig, aber wenn sie da sind, machen sie mit großer Begeisterung mit", erzählt Hartwig Weber, der seine Austausch-Studenten - derzeit sind vier Heidelberger in Medellin - via Email betreut. Gleichzeitig beginnen vier Studenten aus Kolumbien jetzt ihr Studium in Heidelberg. Im Patio Don Bosco pauken 60 bis 120 Schüler in Kleingruppen mit den Studenten. „Die Kinder verstehen schnell, dass Bildung ihre einzige Chance ist."
Von der Begeisterung aller Beteiligten getragen entstand im Patio eine Druckerwerkstatt, wo die Kinder im handwerklichen Umgang mit Lettern aus Blei und Holz schreiben lernen. Mittlerweile gibt es sogar eine Bibliothek. Besonders beliebt ist der PC-Raum, den Weber und sein Team im Sommer 2004 eingerichtet haben. Hier gestalten die Kinder ihre eigene Homepage.

Das „Highlight" ist für Hartwig Weber die Einrichtung des Studiengangs „Straßenkinderpädagogik" an der Uni von Medellin im Frühjahr dieses Jahres. 2005 folgt Bogota. Die PH will das Fach in naher Zukunft als Erweiterungsstudium auch in Heidelberg anbieten. Zudem wurden alle Lehr- und Lernmaterialien, die bislang entstanden sind, auf einer DVD gesammelt. Falls das Projekt glückt, soll Patio 13 auf die 137 Unis des Landes ausgedehnt werden. Zudem gebe es Anfragen aus Chile, Brasilien und Argentinien. „Wenn eines Tages ehemalige Straßenkinder selbst Lehrer werden können und andere unterrichten, ist mein Traum wahr", sagt Weber.

 

RNZ Freitag, 8.10.2004: "Eine Brücke zwischen Schule und Straße.

„Patio 13“: Bildungsprojekt von PH und Heidel-Druck gibt Straßenkinder in Kolumbien eine Chance"

von Ingeborg Salomon

In dem Projekt „Patio 13“ lernen die Straßenkinder von Medellin mit Hilfe der Drucktechnik lesen und schreiben. „Es ist wie ein Wunder, wir haben sämtliche Meilensteine erreicht und vieles darüber hinaus“. Professor Hartwig Weber von der Pädagogischen Hochschule (PH) und Simone Wessely, zuständig für Unternehmenskommunikation bei den Heidelberger Druckmaschinen, haben vor vier Jahren gemeinsam -das Projekt „Patio 13", eine Bildungsoffensive für Straßenkinder in Kolumbien, aus der Taufe gehoben. Inzwischen ist die Kooperation der Heidelberger PH mit den Lehrerausbildungsstätten Kolumbiens sehr erfolgreich und hat nicht nur vielen Straßenkindern die Chance auf eine Zukunft gegeben, sondern auch deutsche und kolumbianische Lehramtsanwärter herausgefordert, sich mit der Problematik der Straßenkinder auseinander zu setzen.

„Gewalt, Aggressivität und Gefahren prägen das Leben von Straßenkindern", so Professor Hartwig Weber gestern vor der Presse. Um diesen Kindern überhaupt eine Chance zu geben, ist eine nachhaltige Bildungsinitiative erforderlich, und genau die bietet das Projekt „Patio 13". Hier leisten Studenten Hilfe zur Selbsthilfe, indem sie die Lebenssituation dieser Kinder untersuchen, um sie zu verändern. ,,Wir stülpen den Kindern nichts über, sondern holen sie da ab, wo sie sind", so der Theologieprofessor.

Das Projekt schlägt eine Brücke zwischen Schule und Lehrerbildung und der Straße; die Lehrer vor Ort lernen, wie sie mit Straßenkindern umgehen, die mit Schule zunächst nicht viel zu tun haben wollen, die sich aber langweilen und sehr begeisterungsfähig sind, wenn eine Sache sie interessiert. Begonnen hat alles mit einer Fotowerkstatt; die Straßenkinder in Medellin meldeten sich mit der Kamera selbst zu Wort, fotografierten ihren Alltag, setzten aber auch ihre Wünsche und Hoffnungen ins Bild.

Die in der Fotowerkstatt entstandenen Bilder wurden erstmals im Januar 2003 in der Print Media Academy der Heidelberger Druckmaschinen ausgestellt. Das Unternehmen unterstütze Bildungsinitiativen, die sich trauen, neue Wege zu gehen, und leistet Starthilfe, bis sich die Strukturen etabliert haben, so Simone Wessely. „Wir haben uns auch inhaltlich mit unserem Sponsor getroffen", so Professor Weber.

Weitere Mittel stellen die -Pädagogische Hochschule sowie die Landesstiftung Baden-Württemberg als Stipendien, zur Verfügung. „Gerade kamen vier Studentinnen aus Medellin für ein Studienjahr nach Heidelberg, im Gegenzug sind vier Heidelbergerinnen bei ,Patio 13’", erklärte die Leiterin des Akademischen Auslandsamts der PH, Henrike Schön.

Auch Professor Weber war im Sommer wieder in Kolumbien, „Es war beeindruckend zu sehen, welche Fortschritte die Kinder machen", berichtet er. In der Druckwerkstatt lernen sie den handwerklichen Umgang mit Lettern aus Blei und Holz, sie setzen und lesen einfache Texte. Eine Bibliothek wurde inzwischen ebenso eingerichtet wie ein Computerraum. Das Lehr- und Lernmaterial, das im Projekt „Patio 13" entwickelt wurde, erscheint in Kürze auf einer DVD, um es allen am Thema Straßenkinder Interessierten zugänglich zu machen.

Ein großer Erfolg ist inzwischen auch das von Hartwig Weber herausgegebene Buch „Narben auf meiner Haut -Straßenkinder fotografieren sich selbst", das in der Büchergilde Gutenberg erschienen ist. In Punkto Studiengang hat Kolumbien die Nase vorn: im Frühjahr wurde an der Universität Medellin der Diplomstudiengang „Straßenkinderpädagogik" als Zusatzqualifikation eingerichtet. Die PH plant ein ähnliches Erweiterungsstudium, allerdings befindet man sich hier noch auf dem Marsch durch die Bürokratie.

 

Deutschland, Nr. 3/2004, S. 34f.: „Aprender a vivir - Patio 13: un proyecto germano-colombiano da una oportunidad a inos de la calle."

Ruth Lehnen

Hace siete anos, Hartwig Weber es- cribiö un libro infantil sobre la vida de un nino de la calle. El libro fue traducido al espanol y - a cientos de kilö- metros de distancia - fascinö a la religio- sa salesiana colombiana Sara Sierra Jara- millo. Sierra Jaramillo tomö contacto con el autor y este encuentro tuvo conse- cuencias. Ambos echaron a andar una ini- ciativa de continente a continente con un ambicioso objetivo: la educaciön de los ninos de la calle.

EL PROFESOR Hartwig Weber habia tra- bajado largo tiempo como cooperante en el ministerio de educaciön de Colombia; hoy es responsable de la formaciön de maestros en la Universidad Pedagögica de Heidelberg. La hermana Sara es direc- tora de la «Escuela Normal Superior Maria Auxiliadora» de Copacabana, tambien una instituciön de formacion de maes­ tros. Ademäs es presidenta de ASONEN, la Asociaciön Nacional de Escuelas Nor­ males de Colombia. Weber dice, no sin admiraciön, que Sara tiene «una enorme energia y una colosal f alta de respeto por lo aparentemente imposible».

Hartwig Weber sa- be que en Colom­ bia se realizan ya grandes esfuerzos para ayudar a los ni­ nos de la calle. A menudo se les ofrece un albergue, comida y ropa, pero los ninos tambien necesitan urgentemente educaciön. El sistema escolar normal y la vida en la ca­ lle son incompatibles: aprender a leer, contar y escribir es imposible si se tiene que luchar cada dia por sobrevi- vir. No obstante, sobrevivir real- mente, forjarse un futuro es im­ posible sin educaciön. Hartwig Weber y Sara Sierra Jaramillo qui- sieron conciliar lo irreconciliable: inventaron la escuela para ninos de la calle. Y de nombre le pusie- ron Patio 13.

Escuelas sin aulas

Patio 13 no es una escuela con au­ las y patio de recreo, sino un pro­ yecto de maestros, estudiantes, pedagogos sociales y cientificos colombianos y alemanes. Juntos aspiran a desarrollar, mediante un trabajo intercultural e interdisci- plinario, una didäctica y un meto- do de trabajo pedagögico con los ninos de la calle e integrarlo en la formacion de maestros. Los estudios preliminares los realizaron estudiantes de la Escuela Normal de Copacabana, la Universidad de Anti'oquia, en Medellin, y el Instituto Pedagögico Universitario de Heidelberg. Comenzaron por contactar ninos de la calle en el centro de Medellin, en un albergue salesiano donde los ninos van a dormir, ducharse y comer. Los es­ tudiantes se propusieron conocer mäs acerca de la vida de esos ninos y simultä- neamente superar sus propios temores. Comenzaron a hacer manualidades y a ju- gar con ellos. Pronto constataron que los ninos hablan mucho sobre las cicatrices en sus almas, porque se relacionan con sucesos que marcaron sus vidas. La her mana Sara dice: «quieren contar sus histo- rias, por ejemplo que se fueron de casa porque les pegaban.»

LOS NINOS LLEVAN cicatrices de su mäs tierna nifiez, testimonios de abandono, abuso y rechazo. Y cicatrices que provie-nen de la vida en la calle, de la lucha con quienes tienen una vida mejor en la ciu- dad, que a menudo se defienden con ga­ rrotes y cuchillos de los asaltos de los ni­ nos. Cicatrices tambien de la lucha de di- versos grupos entre si, de combates en medio del enajenamiento de la droga. Los pedagogos realizaron el sorprenden- te descubrimiento de que en cuanto se menciona el tema de las cicatrices los ni­ nos comienzan a hablar, a abrirse.

LA HERMANA SARA y Hartwig Weber quisieron despertar la autorreflexiön de los ninos tambien en la siguiente fase del proyecto y distribuyeron 100 cämaras desechables a los ninos y jövenes de Me dellin. Su temor de que las cämaras pu dieran ser vendidas a la vuelta de la esqui na no se confirmö. La perspectiva de sacarse ellos mismos una foto, a menudola primera de su vida, entusiasmö a los ninos. Con «deleite», dice Hartwig Weber, los ninos se pusieron a sacar fotos y devolvieron los aparatos räpidamente para poder ver los resultados. Ensus fotografias, expuestas luego en Colombia y Alemania, los propios ninos se pusieron en escena. El tema de sus fotos, han observado la hermana Sara y Hartwig Weber, es «el triunfo de la superviven cia.

LA ENSENANZA, la investigaciön sobre su propia vida, la toma de fotos por los ninos, su exposiciön y la publicaciön de un libro con las fotografias («Narben auf meiner Haut», editorial Büchergilde), in- tentos de organizar un taller de impre- siön; ültimamente una sala con computa- doras para ninos de la calle: «Patio 13» abarca muchos proyectos diferentes. Tambien estä planeada la apertura de un puesto medico para tratar heridas, enfermedades de la piel y resfrios de los ninos sin hogar. En la Universidad Pedagögica de Heidelberg otros cole- gas se contagiaron del entusiasmö de Weber. Una profesora desarrollö un taller sobre el tema «fisica con los ni­ nos de la calle», mientras que estu- diantes analizaron la forma en que los ninos calculan sin haberlo aprendido nunca en la escuela. Nada de esto hu- biera sido posible sin apoyo financie- ro. No solo la Universidad de Heidel­ berg auspicia los esfuerzos de Hart­wig Weber: tambien la empresa que fabrica las impresoras Heidelberg se ha transformado en un generoso patrocina dor.

«PATIO 13» estä dando comienzo actual- mente a un curso piloto en la Escuela Normal Superior de Copacabana. En ese curso se capacita a maestros en las rela- ciones con los ninos de la calle. Se planea que cuando el curso piloto llegue a su fin, el modelo de la pedagogia de la calle sea transferido a todos los institutos nor­ males de Colombia y se tenga en cuenta en la reforma de la formaciön de maes­ tros. El exito del curso, en el que pueden tomar parte tanto estudiantes colombia-nos como alemanes, es enorme, dice Hartwig Weber. Es muy posible que pronto otros paises se interesen por la pedagogia de la calle: el fondo de la ONU para la infancia (UNICEF) esüma que el nümero de ninos de la calle en todo el mundo asciende a 20 o 30.millones. Y cada vez son mäs.

Mäs informaciones: www.patio13.de

 

National Association for Research in Science Teaching, 2004:

"Colombian teacher studentens develope teaching sequences in physics for street children - an internation porject"

The basis of our study is the international collaboration of the University of Education Heidelberg (Germany) and the Escuéla Normal Superior Maria Auxiliadora in Medellín (Colombia) in the field of teacher education. One important objective is to develop teaching sequences for street children in co-operation with primary teacher students of the Colombian institution. During the past two years a sequence on electrical circuits was developed, implemented and evaluated. The theoretical background is a constructivist one: the students as well as the street children start to make own experimental experiences with various material offered. In small groups of learners theories are discussed about certain properties of electrical devices and rules. To get more information about learning characteristics of street children the learning processes of the students and of the street children have been documented through video graphing and protocols of observation. Differences between the learning processes of pre-service teacher students and street kids got visible.

Elmar Breuer, University of Education Heidelberg
Manuela Welzel, University of Education Heidelberg
Anthony Crossley, University of Education Heidelberg
Hartwig Weber, University of Education Heidelberg

Objectives

The basis of our study is the international collaboration of the University of Education Heidelberg (Germany) and the Escuéla Normal Superior Maria Auxiliadora in Medellín (Colombia) in the field of teacher education. One important objective of this project is to develop and evaluate teaching sequences for street children in co-operation with primary teacher students of the Colombian institution. With this objective in mind, we organized a seminar where Colombian pre-service teacher students learned by themselves specific physics contents (on electric circuits and electromagnetism) through the use of experimental material and in a very interactive way. Because of a more theoretical way of science education in Colombian schools this was a new approach for these learners. Afterwards, based on these own learning experiences, the teacher students developed learning sequences for street children and taught these sequences within an institution called “Patio 13” where Colombian street children can spend the days.
To get more information about learning characteristics of street children (e.g. compared to those of the teacher students of our course), the learning processes of the students have been documented through video graphing and the learning processes of the street children in the patio have been documented through protocols of observation. In both groups we took photographs in all sessions. The knowledge about the learning characteristics of street children will help us to develop a specific pedagogy for street children.

Significance

The number of street children in the world is increasing rapidly. Especially in Colombia with its civil war lasting for several decades, lives a high number of children without parents, homes and education. They are mainly concentrated in large cities. In these cities exist social institutions (so-called “patios”) which take care of these children and offer them clothes, food, shelter and health services. But, mostly there are no educational offers (Weber & Sierra Jaramillo 2003). The Colombian project “Patio 13” situated in Medellín intends to go further: Social and educational scientists from Colombia and Germany are working together to develop a program where street children get a regular instruction in mother tongue, mathematics, arts and natural sciences during their stay in a patio. These offers are special in a way that the children are free to participate or not. In general, the instruction is not organized like a traditional classroom lesson. It is oriented to the interests and motivations of the street children and organized very interactive. The idea is to improve the social situation of those children through education starting from their individual situation. For us the importance of this project is to learn more about the life and the learning of street children. What do they need? How to work with them? How to improve their situation?

With this project we expect to get results which are helpful to give street children a better chance for their individual development and a better future.


Theoretical Background

Roth (1995) showed that authentic learning environments are necessary for an effective learning context. School science therefore needs authentic learning environments for school children with their specific experiences inside and outside of school. Coming from this (constructivist) perspective, we postulate that street children also need a specific authentic science education, which is based on their specific experiences, motivations and interests. They do live a life that’s fundamentally different from the life of children with a family background. With respect to the special experiences of street children in being active and self sufficient and in most cases to the absence of scholar education we preferred a hands-on-approach for them to get into physics.

Pre-service teacher students in Colombia and all over the world in general don’t have “street experiences”. They experience a “normal” school career, and they study at Universities to become teachers for “normal” schools. As in many countries so in Colombia the educational system is traditionally developed in a way that children living outside are kept outside. For being able to educate street children and to design appropriate teaching-learning environments, teachers have to know more about the life and the learning of street children. Within our project learning characteristics of street children compared to those of the teacher students in a rather similar learning setting have been investigated.

Learning process studies and action research from the past years (Welzel 1997, 1998, 2000; von Aufschnaiter 1999) could show that individual learning proceeds in general as situated cognition processes from lower complex to higher complex cognitions in certain learning contexts. A development of meanings along complexity levels could be observed which reaches from concrete experimental experiences up to theoretical discussions. Linking our project on physics education for street children to these results, learning processes could be organized from lower to higher complexity levels. To that end, the street children have to start in new contexts with physical experiences (with hands-on-material). They have to communicate their observations. Thus, they can differentiate physics objects and their properties. On this basis they will start to develop experimental programs step by step, before they are able to find physics principles.

“Our” Colombian teacher students especially experienced only a pure theoretical approach to physics in their classes. For that reason they also have to experience the experimental approach and to learn how to teach with hands-on-experiments.


Design and Procedure

We draw on practice theory (Bourdieu 1990) to understand both teaching and reflecting on teaching as different practices. The pre-service teacher students have to understand more than these two different levels of teachers’ activities: Firstly, they have to learn a hands-on physics approach to be able to teach it, then they have to design teaching sequences with appropriate material and to teach them, finally they have to reflect on their teaching according to the learners specifics. This procedure in mind, we started our project with a two week instruction for the pre-service teacher students. We presented a suitcase full of experimental material for electricity: e.g. bulbs, cables, switches, batteries, wires, resistors, LED’s, NTC’s, LDR’s, compasses, thick nails, measuring instruments for currant and voltage, paper clips, and others. Using these devices, the pre-service teacher students learned actively and guided by a succession of tasks and theoretical reflections the physics of electric circuits and electromagnetism. They discussed about their own learning experiences, their experiences with street children, the abilities and behavior of the street children, and they constructed learning sequences on their own. All the time the students worked in small groups (Fig. 1, 2).

Figure 1, 2: Colombian pre-service teacher students learning physics and preparing teaching sequences for street children

The activities of the teacher students have been video graphed. Through (inter-)active situations and reflections on the teaching-learning situations, the students learned how to come from experimental experiences to theoretical explanations. Into this process they brought in their own experiences with street children. Developing the instructional design by themselves and reflecting the teaching-learning situations the teacher students started to think about and to understand the relationship between learning and teaching.

Twice a week, the pre-service teacher students in Medellín have to do practical courses in the patio. There, they offer different subjects to the street children –in the fields of mathematics, mother tongue, arts, and others. In a seminar which is organized in parallel to these practical courses they discuss their teaching and the experiences with the street children. Some of the pre-service teacher students of our project started to realize their physics lessons within this patio. The activities of both, the teacher students and the street children within these situations have been observed and photographed (Fig. 3, 4).

 

Figure 3, 4: Pre-service teacher students teaching physics to street children

Findings

According to our objectives, we observed the learning processes of the pre-service teacher students learning physics and of the street children in the Patio. We now focus on commonalities and differences between the two groups of learners.

In general, both groups - the teacher students and the street children - benefited by the interactive offers. The material seems to motivate physics learning. All of the learners used the experimental devices intensively over long time periods. They became able to construct electric circuits with one and more bulbs, switches and batteries, and constructed electromagnets according to the tasks. They did vary the experiments by themselves creating own ideas. All showed that they have been happy and proud about their successes.

However, differences between the learning processes of the pre-service teacher students and street children got visible. Crucial points are the social behavior, the organization of group work, the communication within the groups about the physics background, the creativity and the variety of experimental activities.


Street children

At the beginning of their teaching, the pre-service teacher students tried to teach the street children using frontal situations. Immediately, we could see the problem: the street children were not able to concentrate themselves over longer periods of time sitting on chairs or on the floor. The strategy had to be changed into more interactive hands-on situations. The street children are used to be organized (“living”) in small groups and to do the things together within these groups. But, doing physics rivalries within the small groups got visible, because everybody wanted to get material and to do everything by himself. We could not observe any communication within the groups about the physics background of the experiments. But, we could observe that the street children have been working concentrated with the devices offered over more than 30 minutes of time (much longer than expected by us), and they have been highly amazed about the physics effects they produced. At the end of their experiments they have been proud of their results. Repeatedly, the children presented their experimental results to the others and to the teachers. After having realized the given tasks lots of children started to vary immediately their experiments. They have been much more spontaneous and creative in this kind of situation than the pre-service teacher students at school.


Pre-service Teacher Students

Looking at the behavior of the teacher students, we found that they did not have any problems with frontal situations and group work. They have been very concentrated and co-operative while working frontal. To organize small groups, some discussions have been necessary about the “who with whom”. Within the groups formed roles have been distributed rapidly: writer, experimenter, explainer. All groups worked very close to the instructions given by us. The teacher students mostly stopped their activities after having solved a certain problem and waited for further instructions. According to our theory and because of the lack of experimental experiences the teacher students too, started to learn physics within the experimental contexts at a low level of complexity. Theoretical knowledge of former physics instruction was seldom used. The teacher students started with simple operations and increased their levels up to theoretical explanations. We could observe that some of the groups did discuss the physics background of the experiments intensively. The teachers (we) have been asked by the students for further explanations, textbooks got used, explanations have been discussed within groups and shared by the group members.


The Pre-Service Teacher Students Teaching Street Children

Looking at the teaching sequences developed and taught by the Columbian teacher students we find a few interesting aspects. Designing their learning sequences the students mixed ideas and tasks from the instruction they got from us, from further experiences with street children, and with own learning at school. For example, they started frontal to give inputs (own school experience), they organized experiments to activate the street children (experience with our approach) and they used games to motivate and to visualize physics phenomena (experience with the behavior of street children).

Reflecting on their instruction these teacher students rapidly realized the difficulty of starting a lesson frontal with street children. They had problems to keep the street children motivated and concentrated listening. Observing the activities of the street children within experimental situations, the teacher students learned that the experimental approach leads to an extensive engagement in physics problems. One teacher student recognized that it is helpful if the street children can take the experimental material by themselves instead of getting it allotted. The teacher students observed long and intensive periods of dealing the context while experimenting at the side of the street children. To come to theoretical explanations, it got obvious that visualizations a re necessary. These visualizations can be made through games.

References
Bourdieu, P. (1990). The logic of practice. Cambridge, UK: Polity Press.
Roth, W.-M. (1995). Authentic school science: Knowing and learning in open-inquiry laboratories. Dordrecht, Netherlands: Kluwer Academic Publishing.
von Aufschnaiter, S. (1999). Development of Complexity by Dealing with Physical Qualities: One Type of Conceptual Change? In: Komorek, M. et al. (Eds.). Research in Science Education: Past, Present, and Future. Proceedings of the Second International Conference of the European Science Education Research Association (E.S.E.R.A.), Vol. 1. Kiel: IPN, 61-63.
Weber, H. & Sierra Jaramillo, S. S. (2003). Narben auf meiner Haut. Straßenkinder fotografieren sich selbst. Frankfurt, Wien, Zürich: Büchergilde Gutenberg
Welzel, M. 1997: Student centred instruction and learning processes in physics. Research in Science Education. 27(3). 383-394.
Welzel, M. 1998: The emergence of complex cognition during a unit on static electricity. International Journal of Science Education. Vol. 20, 9, 1107-1118.
Welzel, M. 2000: Systematic analysis of instructional design: The influence of interactions on students‘ cognitive processes. In: Systematic analysis of and reflection on „emergent practices“ of instructional design. Papers presented at the symposium „Systematic analysis of and reflection on „emergent practices“ of instructional design. EARLI Conference, August 1999, Sweden. Universiteit Leiden. 23-36.

 

Die Rheinpfalz, 4. März 2004: „Fremde Welt: Morgentoilette an der Kloake“

Von Sonja Roth-Scherrer

Kolumbianische Straßenkinder gewähren Einblicke in ihr Leben: Fotoserie im Landauer Frank-Loebschen-Haus zu sehen

Gruppenbilder mit Kindern. Karten spielende Kinder. Kinder mit Kuscheltieren. Lachende, fröhliche, ja ausge­lassene Jugendliche und junge Erwach­sene. Selten ernst blickende Jungen, die provozierend den Mittelfinger in die Kamera strecken. Herausfordern­de Blicke aus schönen Gesichtern jun­ger Frauen. Fast idyllisch: ein Liebespaar neben Bahngleisen auf einer Wie­se. Selbst die Fotografien von Schlafen­den auf der Straße und die Morgentoi­lette an der Stadtkloake, die Unwirt­lichkeit und Schmutz nicht verbergen können, wecken keine unangenehme Empfindung. Die Aufnahmen der Be­hausungen aus Pappe, Stoff und Blech wirken gar einladend gemütlich auf den Betrachter der Fotoserie von ko­lumbianischen Straßenkindern über sich selbst, die von Anna Kienzler vom Landauer Verein „Kulturzentrum Alt­stadt" organisiert und seit Sonntag im zweiten Geschoss des Frank-Loebschen-Hauses in Landau zu sehen ist.

Die Straßenkinder wollen ihr Leben mit den Bildern authentisch dokumen­tieren, sagt die Kunsterzieherin. Sicht­bares Elend und Verzweiflung sucht der Besucher der Ausstellung „Auslö­ser - La mirada desde adentro (der Blick von innen)" vergeblich. Das Pro­jekt „Patio 13 - Schule für Straßenkin­der" verfolgt seinem Initiator Profes­sor Hartwig Weber zufolge eine päda­gogische Absicht: Sie sollen sich selbst ermöglichen, sich zu bilden.

Bildung sei der „einzige Weg aus der Armut und Schlüssel zur Zukunft". Weil Sprache für seine Zielgruppe nur unzulänglich als Medium geeig­net schien, kam Weber vor zwei Jah­ren auf die Idee der Fotografie. Eine einfachere Art, sich auszudrücken. Studenten verteilten einhundert Ein­wegkameras an die Straßenkinder in der Millionenstadt Medellin mit der Bitte, damit zu dokumentieren, wer sie seien, wie sie sich selbst empfin­den und welche Perspektiven sie hät­ten. Bei dem Projekt kooperieren die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Escuela Normal Superior im kolumbianischen Copacabana, eine Hochschule, in der Grundschullehrer ausgebildet werden.

Viele der Kameras kamen mit Bil­dern zurück. Straßenkinder zeigen nicht, was schief läuft, keine Kämpfe, Messerstechereien, Vergewaltigungen und Übergriffe der Todesschwadrone sind zu sehen. Sie präsentieren dage­gen stolz und mit Würde, was ihnen gelingt. Bilder entstanden, die authen­tischer als Worte die Kraft und Kreati­vität der Jugendlichen beschreiben. Die Fotos und wenigen Texte berüh­ren und machen aufmerksam auf die Wünsche und Hoffnungen der jungen Leute, die sich von der Gesellschaft ab­geschriebenen fühlen müssen. Mehr ein- als aufdringlich dokumentieren sie mit den Bildern ihre Sexualität und Probleme mit Drogen und Gewalt.

„Straßenkinderpädagogik" heißt der neue Studiengang. Angehende Lehrer sollen lernen, eine Brücke zu bauen zwischen Schule und Straße. Beim genaueren Hinsehen erkennt der Betrachter die unzähligen Narben auf vielen der abgelichteten jugendli­chen Körpern. Doch es gibt auch inne­re Narben. Weber und seine Mitarbei­ter gelangten im Gespräch mit den Straßenkindern von den äußerlichen allmählich zu den inneren Narben. In

Landau sollen sich nun auch viele Schulklassen die Bilder anschauen und mehr erfahren von Minderheiten und gesellschaftlichen Realitäten, wünscht sich Bürgermeister Hans-Die­ter Schlimmer.

 

Wochenblatt Landau, 25. Februar 2004: „Aus anderer Perspektive“

AUSSTELLUNG: Straßenkinder fotografieren ihre Welt

Erstmals präsentiert der Verein "Kulturzentrum Altstadt" eine Fotoausstellung im Frank-Loebschen Haus in Landau.

Ein gewichtiger Teil der ausgestellten Fotos wurde von Straßenkindern der kolumbianischen Millionenstadt Medellin aufgenommen. Mitarbeiter des Straßenkinderprojekts "Patio 13" - dessen Initiator Hartwig Weber, Professor für Theologie an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg ist -, hatten unter den jungen Straßenbewohnern Einwegkameras ausgeteilt und sie eingeladen, sich selbst und ihre Umgebung zu fotografieren. Auf diese Weise entstand eine beeindruckende authentische Dokumentation des Lebens auf der Straße, Zeugnisse eines "Blicks von innen", der Beobachtern von außen meist verschlossen bleibt. Die Ausstellung, die in Kolumbien und in zahlreichen deutschen Städte gezeigt wurde, weckte große Aufmerksamkeit.

Die Fotoinitiative, die Straßenkindern ermöglichte, sich selbst, ihre Welt, ihre Wünsche und Phantasien anderen darzustellen, war der Auslöser des internationalen Projekts "Patio 13", bei dem deutsche Wissenschaftler und Studenten mit Institutionen der Lehrerbildung und verschiedenen Universitäten in Kolumbien kooperieren. Finanziert wird das langjährige Vorhaben von der Heidelberger Druckmaschinen AG. Sein Ziel ist es, eine Brücke zwischen der Schule und der Straße, zwischen Lehrern und Straßenkindern zu schlagen. Denn die obdachlosen Minderjährigen, die den Schutz ihrer Eltern und Familien verloren haben, brauchen nicht nur Nahrung, medizinische Hilfe und Kleider, sondern auch eine Grundbildung als unabdingbare Voraussetzung für eine bessere Zukunft.

Auf den Straßen Medellins lernen Studierende der Pädagogik aus Deutschland und Kolumbien, mit den entwurzelten, drogenabhängigen und kriminellen Kindern und Jugendlichen umzugehen. Sie entwickeln eine "Pädagogik der Straße", die die besonderen Erfahrungen, Fähigkeiten und Interessen der Straßenkids berücksichtigt. Gleichzeitig entstehen Materialien und Medien für den Unterricht zum Thema "Dritte Welt" für Schulen in Deutschland. Innerhalb des Projekts "Patio 13" - nähere Informationen unter www.patiol3.de - wurden bisher drei Filme produziert. Es entstand das Buch "Narben auf meiner Haut. Straßenkinder fotografieren Straßenkinder", edition buechergilde (24.90 Euro) und Büchergilde Gutenberg (19.90 Euro) sowie pädagogisches und didaktisches Material.

Derzeit richten Projektmitarbeiter in Medellin einen Computerraum für Straßenkinder ein. Die Alphabetisierung macht gute Fortschritte in einer eigens hergerichteten Druckwerkstatt. Gleichzeitig wird - erstmals in Südamerika und vielleicht sogar weltweit - an zentralen Universitäten und Lehrerbildungseinrichtungen in Kolumbien der Studiengang "Pädagogik des Kindes und Jugendlichen der Straße" eingeführt.

 

Hamburger Morgenpost, 17. Februar 2004: „Wenigstens ein Mal in Pose werfen können“

Von Henning Sauerland

Die Schau »Narben auf meiner Haut« im ver.di-center

Auf den Straßen der kolumbianischen Millionenstadt Medellin leben über 30000 Kinder und Jugendliche in erschreckender Armut. Diese Kinder, oft straffällig und drogensüchtig, sind in ständiger Todesgefahr. Einer der wenigen Treffpunkte dieser Kinder, der ihnen Sicherheit und einen sauberen Schlafplatz bietet, ist der „Patio Don Bosco". Er wird vom Projekt „Patio 13 - Schule für Straßenkinder" geführt, dessen Leiter Sor Sara Sierra Jaramillo und Hartwig Weber im Jahr 2002 die Kinder ermutigten, mittels einer Fotoausstellung über sich selbst zu berichten. Morgen wird die Ausstellung „Narben auf meiner Haut" im ver.di-center am Besenbinderhof eröffnet.

afür verteilten die Leiter Einwegkameras an Kinder im Zentrum Medellins. Die Sorge, dass die Kameras an der nächsten Straßenecke verscherbelt würden, erwies sich als unbegründet: Die Aussicht auf ein Foto von sich selbst erschien zu verlockend. So kamen die meisten Kameras schon nach zwei Tagen zurück - mit vollen Filmen. Diese Fotos sind ein authentischer Bericht über das Seelenleben der Straßenkinder, zeigen nicht nur das Elend der Lebensverhältnisse, sondern auch Porträts in Pose geworfener Freunde. So waren die Fotos in ihrer Entstehung auch nicht für den späteren Ausstellungsbesucher gedacht, sondern nur, um sich selbst wenigstens ein Mal auf ei­nem Foto betrachten zu können.

 

Taz Nord Hamburg, 16. Februar 2004: „Überleben ist alles“

Von Marco Carini

,,Narben auf meiner Haut" - eine Fotoausstellung von Straßenkindern aus Kolumbien eröffnet im ver.di-Center

Die Abgebildeten verharren in inszenierten Posen, doch ohne künstliches Pathos. Die Narben, die das Leben auf der Straße, das Überleben zwischen Gewalt, Drogen und Prostitution hinterlassen hat, sind überall sichtbar: in den Gesichtern, der Körperhaltung und auf der Haut. Medizinisch verheilte, seelisch nicht heilbare Wunden, die wie Trophäen hergezeigt werden. Lebensspuren von Straßenkindern aus der kolumbianischen Metropole Medellin.

Das Buch und die gleichnamige, heute im ver.di-Center eröffnende Ausstellung „Narben auf meiner Haut - Straßenkinder fotografieren sich selbst" legen davon Zeugnis ab. Die kolumbianische Pädagogin Sor Sara Sierra Jaramillo initierte vor knapp drei Jahren gemeinsam mit dem Heidelberger Theologen und Päda­gogen Hartwig Weber das Projekt ,,Patio 13" in Medellin, eine Schule fiir Straßenkinder. Als die beiden einigen ihrer Schützlinge vorschlugen, einander zu fotografieren, befürchteten sie, dass die ausgehändigten Einwegkameras an der nächsten Straßenecke für ein paar hundert Pesos verhökert werden würden.

Doch fast alle Apparate kamen - voll geknipst - zurück. Ein Foto von sich selbst zu besitzen be­deutet, einen Beleg der eigenen Existenz in den Händen zu hal­ten. Es verleiht im Angesicht des jederzeit erwarteten Todes dem Augenblick Dauer.

Das durchgängige Thema der Fotos, von denen jetzt knapp 50 im ver.di-Center am Besenbinderhof and ab dem 23. Februar in den benachbarten Ausstellungsräumen der Bülchergilde gezeigt werden, ist der Triumph des bloßen Überlebens. Gerade darum gehen die Gedanken weit weg. ,,Das wäre mein Wunschtraum, auf dem Land zu leben in einem kleinen Dorf, weit weg, in einem kleinen Häuschen“, sagt Marcela in dem Buch.

Den Traum „ein normales" Leben nach bürgerlichen Mittelstandsidealen zu fiihren, vermitteln auch die Bilder. Authentischer als schriftliche Berichte vermögen die Fotos einen unmittelbaren Ausschnitt aus indi­viduellen Welten zu vermitteln - weil die Amateurfotografen sie fiir sich selbst geschossen haben, ohne Gedanken an ein Publikum außerhalb des eigenen Gesichtsfeldes. Diese Authentizität ist bedrückend - ein Eindruck, der sich verstärkt, wenn man erfährt, das viele der Abgebildeten die zwei Jahre, die seit dem Fotoshooting vergangen sind, nicht überlebt haben.

Beklemmungen aber soll es heute, wenn Hartwig Weber die Ausstellung eröffnen und einen Überblick über die Lage der Straßenkinder in Kolumbien und das Projekt „Patio 13" geben wird, nicht geben. Dafiir wird schon die in Hamburg lebende Soul ­und Rockmusikerin Ghee Diakhate sorgen, die den Abend mu­sikalisch begleitet.

 

Glaube und Leben, Bistum Mainz, 15. Februar 2004: „Sieh die Narbe, hör die Geschichte“

Von Ruth Lehnen

Ein Buch über Straßenkinder in Kolumbien

Das ist noch gar nichts", sagen die Straßenkinder, angesprochen auf ihre Narben. Und sie verweisen auf die schlimmere, die von einem Messerstich stammt, oder von einer Schießerei, oder von einer Verletzung aus der frühen Kindheit. Indem sie von ihren Narben erzählen, sprechen sie von sich selbst, von ihrer Geschichte, von dem, wie sie wurden, was sie sind: Überlebende eines Kampfes, aus dem meist nur die Drogen eine kurze, qualvoll bezahlte Flucht bieten. Kinder, die den Tod jeden Tag vor Augen haben, denen es schwerfällt, über den nächsten Tag hinauszudenken.

Von diesen Kindern und Jugendlichen aus Medellin, Kolumbien, erzählt das Buch „Narben auf meiner Haut. Straßenkinder fotografieren sich selbst". Es ist eine Art Bilderbuch, aber auch ein Projektbericht, lässt einerseits die Straßenkinder und -jugendlichen zu Wort kommen, aber bietet auch die Hintergrundinformationen eines Sachbuchs. Autoren sind der Professor an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Hartwig Weber, und die kolumbianische Salesianerin Schwester Sara Sierra Jaramillo.

Die beiden hatten eine wunderbare Idee. Sie verteilten Einwegkameras an die Straßenkinder und gaben ihnen damit die Möglichkeit, sich selbst und ihre Welt abzubilden. Für die meisten war es die erste Berührung mit dem Zaubermedium Fotografie. Und es faszinierte sie: Sie machten ganz andere Bilder von sich als sie zum Beispiel Journalisten machen, sie versuchten, sich und ihre Behausungen so schön wie möglich ins Bild zu bringen. Ihre Bilder zeigen den Triumph des Überlebens in einer von Gewalt beherrschten Umgebung.

Die Ausstellung, die aus den Bildern werden sollte und die jetzt auch ihren Weg durch deutsche Städte angetreten hat, interessierte diese Kinder nicht: Sie konnten nicht wissen, ob sie dann noch leben würden. Aber das Festhalten der momentanen Situation reizte sie: Das Foto hält die Zeit fest und beglaubigt, dass man da gewesen ist.

Doch die Fotos der Straßenkinder machen nur den geringeren Teil der Fotos in diesem Band aus. Weit mehr Bilder stammen vom Autor Hartwig Weber, was deutlicher hätte gekennzeichnet werden sollen.

Die Nacht überstehen

Für den Betrachter der deut­schen Ausgabe des Buches haben die Fotos - die von Weber wie die der Kinder selbst - etwas von einer Flaschenpost. Sie kommen von weither über das Meer der Informationen, aus einer Welt, die gefährlich und fern ist. Jemand ist in Not, sehen wir: Wir sehen die Narben, den grei­senhaften Mund eines Jugendli­chen ohne Zähne, sehen immer wieder den gelben Kleber, die Droge, deren giftige Dämpfe helfen, die Nacht und den Hunger zu überstehen. Die Fla­schenpost kommt an: Ein sehr bewegendes Buch über Gewalt, sexuelle Misshandlung, Ausbeutung und Elend, das von der Politik zum Teil noch befördert wird, und über den Trotz und die Freude, am Leben zu bleiben.

Die Autoren Hartwig Weber und Schwester Sara haben das Projekt „Patio 13 - Schule für Straßenkinder" gestartet. Es geht darum, eine Pädagogik zu entwickeln, die den Bedürfnis­sen der Straßenkinder ent­spricht, die von den normalen Schulen nicht mehr erreicht werden. Dabei arbeiten deutsche und kolumbianische Pädagogen und Studenten zusammen. Die Bilder und Informationen zu diesen Plänen lassen hoffen: dass es für Marcela, Luchito, Pedro und Erica noch einen Ausweg geben kann.

 

RZ Koblenz , 12. Februar 2004: "Narben auf der Kinderhaut"

Von Peter Karges

Buchautor Hartwig Weber bei Heimes: Straßenkinder porträtiert

KOBLENZ. Die Perspektive verwirrt, weil sie von innen kommt: 100 Einwegkameras hat Hartwig Weber, Hochschulprofessor in Heidelberg, an Straßenkinder im kolumbianischen Medellin verteilt, damit diese sich und ihren Alltag porträtieren. Zusammengetragen hat er die Bilder im Buch „Narben auf meiner Haut - Straßenkinder fotografieren sich selbst", das er in der Buchhandlung Heimes vorstellte.

Ein Werk, das vor allem Würde vermittelt, denn neben den Elend gibt es auch Blicke voller Hoffnung. „Als wir den Kindern die Einwegkameras gaben, rechneten wir eigentlich kaum mit irgendeiner Resonanz. Der erste Gedanke war: Wahrscheinlich werden sie sie an der nächsten Ecke verhökern, um für das Geld Drogen zu kaufen. Doch die Straßenkinder porträtierten wirklich ihren Alltag und vor allem: Sie waren stolz endlich ein Bild von sich zu besitzen", erzählt Weber.

Das Fotografieren war dabei nur ein Teil des Projekts „Patio 13 - Schule für Straßenkinder“, das der an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg lehrende Professor zusammen mit seiner Mitstreiterin Sor Sara Sierra Jaramillo vorn Orden der Salesianer leitet. „In Kooperation mit Studenten aus Kolumbien und Heidelberg versuchen wir, mit ,Patio 13' Schulunterricht für Straßenkinder anzubieten. Denn nur durch Bildung haben sie überhaupt eine kleine Chance, aus denn Elend heraus zu kommen", betont Weber.

Nicht im übertragenen Sinne zu verstehen, ist der Titel „Narben auf meiner Haut". „Wenn man das Vertrauen der Straßenkinder gewinnt, reden sie sehr schnell über sich und ihre Narben, die die Brutalität des Alltags widerspiegeln. Narben von Gewehrkugeln, Verkehrsunfällen, Messerstechereien oder Schlägereien sind Teil ihrer Lebensgeschichte", weiß Weber. Dabei unterscheiden sich die Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen nicht sehr von denen Gleichaltri­ger hier zu Lande. „Die Mehrheit will einen Beruf erlernen und eine Familie gründen", unterstreicht Weber. Dass ihnen die Verhält­nisse dazu oftmals keine Chance lassen - auch davon erzählt das in einfühlsamer Sprache verfasste Buch.

Um so wichtiger ist deshalb eine schulische Bildung, zumal Straßenkinder ihren Altersgenossen an In­telligenz in nichts nachstehen. „Wir haben bei ,Patio 13' beispielsweise festgestellt, dass Straßenkinder häufig viel besser und schneller rechnen als andere Kinder", meinte Weber bei der von der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) mitorganisierten Buchpräsentation.

Drei Fragen: „Dritte Wett wird nicht vergessen"

P.K.: Arbeitslosigkeit sowie Renten- und Gesundheitsreform scheinen hierzulande alles in den Hintergrund zu drängen. Haben wir die Dritte Welt vergessen?

H.W.: Ich denke, es ist ein ganz normaler Vorgang, dass man bestrebt ist, sich nicht noch mehr aufzubürden. Allerdings würde ich nicht sagen, dass wir die Dritte Welt vergessen haben. Allein schon die Tatsache, dass mein Buch über die Straßenkinder in Medellin sofort auf der Bestsellerliste der Büchergilde Gutenberg stand, zeigt, dass es Interesse gibt.

P.K.: Wie gewinnt man das Vertrauen der Straßenkinder?

H.W.: Am Anfang ist das sehr schwierig. Straßenkinder sind un­heimlich ängstlich und nervös, nicht zuletzt weil so genannte Todesschwadronen auch Jagd auf sie machen. Und auch untereinander ist die Atmosphäre nicht selten aggressiv. Wenn man allerdings einmal ihr Vertrauen gewonnen hat, dann fühlt man sich sicher wie in Abrahams Schoß.

P.K.: Wer mit Straßenkindern arbeitet, ist mit sehr viel Elend konfrontiert. Wie gelingt es Ihnen, nicht zu verzweifeln?

H.W.: Das ist in der Tat ein Problem, auch wenn bei einem pä­dagogischen Projekt wie „Patio 13" die Bindung nicht ganz so eng ist wie bei einem karitativen. Hierbei kann es nur individuelle Lösungen geben.